Overnighter Teil 2: Ich seh' den Sternenhimmel

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Fahrrad bepacken, losradeln und über Nacht wegbleiben – das nennt man gemeinhin Overnighter und ist das, was Maren von Ichhasselaufen und ich für Pfingstsonntag geplant haben. Noch ist es hell, die Stimmung top.

Es geht los
Winkend verabschieden wir uns von C., dem wir drohen, dass er uns abholen muss, falls wir heute Nacht weinend vor Angst/ von Wildtieren verletzt/ verhungert am Rande eines Spargelfelds liegen sollten. Mein geliebter Niederrhein bildet die malerische Kulisse für unser großartiges Abenteuer und wir radeln zwischen Feldern, Kühen, Ponys, Bachstelzen, Höfen, Mohnblumen und grünen Ährenmeeren Richtung Norden.

Pittoresk, so wie überhaupt der ganze Niederrhein.

Auf unseren Rennradtouren habe ich stets nach potentiellen Spots gespäht und eine Gegend auserkoren, die Maren und ich uns gegen Abend näher anschauen sollten. Sonderlich weit ist es nicht, und so genießen wir in erster Linie meinen home turf bei 25 Grad, verweilen auf einer Bank im Sonnenschein und vergleichen unsere mitgebrachten Snacks.

Ergebnis: Maren favorisiert getrocknete Mangostreifen und ich Mandel-Honig-Schnitten, die wir eifrig futtern. In unseren Taschen befindet sich zudem Nachschub für geschätzt die kommenden drei Tage, außerdem prahle ich damit, sämtliche Eisdielen in der Umgebung zu kennen. Rein zufällig befindet sich eine in erreichbarer Nähe. Unser nächster Zwischenstopp ist damit gesetzt.

Oben wartete eine Überraschung. Echt!

Wir lassen uns nieder
Obstbecher- und spaghettieisgestärkt kurbeln wir in die niederrheinische Natur zurück. Wir wollen uns an dem von mir angedachten Ort ein bisschen umschauen und ihn auf seine Übernachtungsfreundlichkeit hin untersuchen. Als wir um eine Ecke biegen, liegt er da – der perfekteste Spot ever: etwas erhöht, flach und von drei Seiten durch Bäume und Erdwälle begrenzt. Hinten führt ein Pfad auf eine weitere Mini-Ebene. Plus: tolle Aussicht. Wir biegen nochmal um die Ecke und können unser Glück kaum fassen! Eine Bar!

Auf eine Bar war ich selbstverständlich vorbereitet!

Ein äußerst angemessener Ort, um bei einer Tasse Wein in den Abend zu chillen. Dass sich unser Gespräch fast ausschließlich um Geräusche (Hornissen, Podcasts, Vogelstimmen) dreht, ist sicherlich nur ein Zufall. Als die Sonne unsere Overnighter-Bar nicht mehr anstrahlt, schlagen wir auf der Mini-Ebene unser Lager auf. Maren ihr Zelt, und ich breite davor meine Isomatte und meinen voluminösen Superschlafsack aus.

Vermeintlich völlig schutzlos in der Natur zu übernachten hatte mir zugegebenermaßen im Vorfeld Sorgen bereitet. Falls ich mich zu sehr fürchte, darf ich ins Zelt, sagt Maren. Wir tragen zusammen, was uns beschäftigt (hat):

  • einen geeigneten Schlafplatz zu finden
  • Axtmörder und böse Menschen generell
  • stechende Insekten
  • frieren
  • wilde Tiere
Mein persönlicher Antifrier-Hack: Mütze tragen.

Immerhin können wir Punkt 1 schon abhaken. Und sogar Mücken gibt es “hier oben” kaum oder mein Insektenspray hat unglaublich gut geholfen. Wir dösen vor uns hin, oben der Himmel, auf dem nach und nach immer mehr Sterne funkeln. Ein leichter Windhauch, der wunderbar nach Frühsommer riecht, streift mein Gesicht. Ich bin so entspannt von dieser Idylle, dass ich zwischendurch einnicke.

Krschhrrschh! Oh mein Gott! Was ist das? Mittlerweile ist es etwas dunkler. Ich habe mir klargemacht, dass das größte Tier, das hier herumstrolcht, maximal ein Wildschwein oder ein Rehbock sein wird. Und höchstens an mir schnüffeln würde. Wenn überhaupt. Sprich: Angst ist völlig fehl am Platz. Trotzdem leuchte ich angestrengt in die Büsche. Das Rascheln, das wir hier manchmal hören, haben Maren und ich bereits kategorisiert. Mäuse machen leichte, hektische Raschelgeräusche. In unserer Raschel-Skala eine 1. Das hier ist eine 3. Vielleicht ein Hase. Ich beschließe, dass er einfach seine Hood checkt und keine Gefahr darstellt.
 

Von hier haben wir alle(s) im Blick.

Mittlerweile ist es dunkel, der Mond leuchtet. Ich bin in meinen Schlafsack eingemummelt, als plötzlich ein heller Lichtblitz über unseren Lagerplatz zuckt. Stimmen. Schritte. Ich klammere mich an meinen Stoffflamingo und erstarre.
Mann 1: “Ey, guck mal, ist hier ein UFO gelandet?”
Mann 2: “Nee, das ist ein Zelt. Und davor schläft einer!”
Mann 1: “Na die haben Nerven.”
Die Schritte entfernen sich. Ich grüble besorgt nach, warum wir Nerven haben müssen und schlafe darüber ein.

Spektakulärer Tagesbeginn.

Als sich der Himmel morgens rosaorangeviolett färbt, wache ich auf. Allerdings nicht weil ich friere. Im Gegenteil. Mein Platzmonster hat mich unfassbar warm gehalten, und ich habe die meisten Klamotten ausgezogen. Jetzt ist mir ein klein bisschen kühler, ich ziehe die Long Johns wieder an und penne durch bis die Sonne den letzten Morgentau weggetrocknet hat. Und dann frühstücken wir erstmal.

Schon die Fünf Freunde wussten: Draußen schmeckt alles doppelt so gut.

Abgesehen davon, dass Maren gefroren hat, verbuchen wir unseren Overnighter als definitiv zu wiederholendes Erlebnis (C. hat bereits zugesagt). Wir verbringen ein paar Minuten mit packen, schnüren und festzurren und nehmen das Projekt “Cappuccino” in Angriff, bevor wir ganz entspannt wieder nach Kempen rollen.

Das wildeste Tier wartete zuhause auf uns – Apollo.

PS. 
Die Fotos stammen fast alle von Maren. Vielen Dank! Unser Abenteuer gibt es auch in Marens Podcast! O-Töne from on the road, hört mal rein!